Die Robotik-Software-Revolution und die Mobilität

Software-Robotik ermöglicht es Unternehmen, Prozesse schlanker zu gestalten, Kosten zu senken und das Personal für höherwertige Aufgaben einzusetzen. Heute wird Software-Robotik in Mobilitätsunternehmen zunehmend zur Unterstützung von Verwaltungsabläufen eingesetzt, und sie wird voraussichtlich auch mehr operative Abläufe und Aufgaben im Kundenkontakt übernehmen können.

Software-Robotik lässt sich am besten dadurch definieren, was sie leistet, anstatt dadurch, welche Technologie sie nutzt. Sie interpretiert komplexe Informationen und reagiert darauf mit der Ausführung mehrstufiger Aufgaben. Oftmals lernt sie während der Ausführung der Aufgaben dazu.

Software-Roboter wie RPA-Anwendungen (Robotic Process Automation; robotergesteuerte Prozessautomatisierung) helfen Unternehmen dabei, Aufgaben schneller, kostengünstiger und effizienter zu erledigen. Darüber hinaus können sie auch qualitative Verbesserungen erzielen, zum Beispiel indem sie menschliche Fehler beseitigen und Mitarbeiter*innen für anspruchsvollere und wertschöpfende Aufgaben freispielen. Software-Robotik verbessert oft das Kundenerlebnis, indem sie Abläufe flexibler und anwendungsfreundlicher macht.

In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird die Fähigkeit, RPA effektiv einzusetzen, wahrscheinlich ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für alle Unternehmen im Mobilitäts-Ökosystem mit Back-Office-Funktionen sein.

Der Bereich mit dem größten Potenzial ist das Finanz- und Beschaffungswesen, insbesondere bei Order-to-Cash- und Procure-to-Pay-Prozessen. Potenzial besitzt RPA auch in Bereichen, wo Dienstleistungen in der Regel standardisiert und repetitiv sind, wie Compliance, Kundenservice, Personalwesen und Preisgestaltung, um nur einige zu nennen. Marc Engel, Partner bei Mazars, beschreibt, wie RPA einem weltweit tätigen Transportunternehmen geholfen hat. „Jeden Monat mussten Tausende Rechnungen geprüft und genehmigt werden – eine eintönige Aufgabe. Doch durch die Entwicklung eines Roboters, der in der Lage war, diese Arbeit zu übernehmen, konnten sich einige Vollzeitarbeitskräfte interessanteren und wichtigeren Tätigkeiten widmen.“

Contact- und Call-Center sind weitere Beispiele. „Logistikunternehmen erhalten eine Menge Anfragen“, führt Engel aus. „Wo ist mein Paket? Wann kommt es an? Kann ich es zurückschicken? Ein großes Expresszustellungsunternehmen beschäftigte früher Personal, das diese E-Mails persönlich beantwortete. Man stellte aber fest, dass 80 Prozent der Anfragen ziemlich ähnlich waren.“ Man führte also Chatbots ein, um diese ähnlichen Anfragen zu bearbeiten. Dadurch hat das Kundenservicepersonal mehr Zeit für komplexere Angelegenheiten, die mehr Aufmerksamkeit und mehr Service benötigen.

Billiger, besser, schneller, stärker

Laut Martin Váross, Partner bei Mazars, gibt es grob umrissen zwei Ansätze, um jene Aufgaben zu identifizieren, die auf diese Weise automatisiert werden können. „Beim ersten Ansatz werden Standardabläufe überprüft, die dann von unserem Team analysiert werden. Wir schauen uns Tätigkeiten an, die repetitiv sind oder geringen Mehrwert aufweisen und die unserer Erfahrung nach bestimmte Kriterien erfüllen – solche, die einen höheren Arbeitsaufwand erfordern und eine höhere Fehlerquote aufweisen.“

Der zweite Ansatz besteht darin, zu beurteilen, wie Mitarbeiter*innen oder Nutzer*innen ihre täglichen Aufgaben erledigen, mit dem Ziel, diese zu rationalisieren. Dieser Prozess ist als Task Mining bekannt. „Vor kurzem haben wir das für eine Versicherungsgesellschaft gemacht“, erklärt Váross. „Wir haben die Nutzerdaten von zwei Abteilungen analysiert, in denen Informationen von Gesundheitsdienstleistern verarbeitet werden. Indem wir nachvollzogen, wie die Mitarbeiter*innen den Abgleich durchführen, fanden wir Möglichkeiten, die Anzahl der dafür verwendeten Bildschirme zu verringern, Aufgaben zu automatisieren und andere Effizienzsteigerungen zu erzielen.“

Engel fügt hinzu, dass Unternehmen oft überrascht darüber sind, wie schnell und kostengünstig solche Vorgänge automatisiert werden können. „Sie erwarten, dass die Kosten in die Hunderttausende gehen“, erzählt er. „In Wirklichkeit sind es eher Zehntausende. Die Leute erwarten, dass es sich um ein langes, teures IT-Projekt handelt. Es ist aber oft viel einfacher und sie können schon bald Einsparungen vorweisen.“

Wie man Automatisierung vorbereitet

Engel und Váross beschreiben, dass die Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit vielen unterschiedlichen Unternehmen ein klares Bild davon vermittelt, was Firmen tun müssen, um Software-Robotik erfolgreich zu implementieren und von ihren Vorteilen zu profitieren. Sie nennen dabei die drei wichtigsten Erkenntnisse.

Erstens ist es wichtig, die passenden Prozesse für eine Automatisierung auszuwählen. „Wenn RPA-Projekte scheitern, dann liegt es in der Regel daran, dass Unternehmen die falschen Prozesse auswählen“, erklärt Váross. „Wir raten Unternehmen, jene Abläufe zu automatisieren, die repetitiv und relativ stabil sind. Auf die Erwartungen muss sehr sorgfältig eingegangen werden, damit alle verstehen, welche Teile des Prozesses automatisiert werden können und welche nicht – und wie RPA-Automatisierung mit Vollautomatisierung verbunden werden kann.“

Zweitens sollte der Ausgangspunkt stets ein niedrigwertiger, einfacher Prozess sein. So kann sich im Unternehmen ein Grundverständnis von Software-Robotik etablieren. Erst dann sollte versucht werden, den Einsatz von Software-Robotik auszudehnen.

Drittens, so Váross, gelingt die Integration von RPA-Prozessen am ehesten in solchen Unternehmen, die dedizierte RPA-Governance-Funktionen einrichten, um die Zuständigkeit für die Identifizierung von Problemen und die Fehlerbehebung zu klären und sicherzustellen, dass die Prozesse nach deren Einführung weiter verbessert werden.

Keine Grenzen

Engel berichtet, dass für ihn der Schub spürbar war, den die Corona-Pandemie Unternehmen bei der Beschleunigung ihrer digitalen Transformationsprozesse gegeben hat. „Die Kunden digitalisieren schneller und umfassender als vor der Pandemie“, führt er aus und nennt das Beispiel niederländischer Gemeinden, die RPA-Technologie einsetzen, damit sie Spitzenmengen Corona-bedingter Anträge von Unternehmen auf Zuschüsse schnell und gründlich bearbeiten können. „Ich gehe davon aus, dass die Pandemie die Digitalisierung großflächig vorantreiben wird“, fügt er hinzu.

Langfristig wird RPA innerhalb des Mobilitäts-Ökosystems so vielfältig sein, wie es die Vorstellungskraft zulässt. Durch die Erfassung detaillierterer Daten zu CO2-Emissionen könnten Verkehrs-Apps beispielsweise die Emissionen für verschiedene Routen automatisch berechnen und Reisenden helfen, sich für die umweltfreundlichste Variante zu entscheiden. Innerhalb des nächsten Jahrzehnts könnten selbstfahrende Fahrzeuge alltäglich werden. Ermöglicht wird dies durch automatisierte Software, welche die Daten über andere Fahrzeuge, die Straße, das Wetter und Passagiere verarbeitet und dann alles synchronisiert, damit das Fahrzeug so reibungslos wie möglich funktioniert.

In den kommenden Jahren wird die Software-Robotik wahrscheinlich zuerst Back-Office-Funktionen von Erstausrüstern, Fluggesellschaften, Logistikunternehmen und öffentlichen Verkehrsbetrieben rationalisieren und danach dazu übergehen, völlig neue Formen der Mobilität zu ermöglichen. Sobald das der Fall ist, gibt es keine Grenzen dafür, wie diese Roboter unsere Fortbewegung revolutionieren.